Wie Serverless die Zukunft der Cloud wurde – ohne dabei Bare Metal zu ersetzen

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Thomas Gatignon
7 Minuten gelesen

In nicht allzu ferner Zukunft wird es Ihnen möglich sein, eine Anwendung auf Ihrem Laptop zu erstellen und sie mit nur einem Klick unmittelbar und in beliebiger Größenordnung weltweit verfügbar zu machen. Und das alles, ohne dass Sie sich Gedanken über die Bereitstellung oder Skalierung der zugrundeliegenden Server machen müssen – denn darum kümmert sich ein Cloud-Anbieter.

Das ist die Kernidee von Serverless – es geht darum, ein nahtloses Kundenerlebnis zu schaffen, bei dem die Interaktion mit dem eigentlichen Server so gut wie wegfällt. Es ist die neueste Entwicklung hin zu einer praktischeren, zugänglicheren und preiswerteren Cloud.

Auch wenn es noch lange nicht so weit ist, dass ganze Anwendungen transparent auf Serverless bereitgestellt werden können, wurden bei der Trennung von Funktionen und anderen Diensten bereits große Fortschritte erzielt. Das, was heute verfügbar ist, könnte man als “Serverless 1.0” bezeichnen, und es unterstützt Unternehmen und Organisationen dabei, durch die Automatisierung einer Vielzahl von infrastrukturbezogenen Aufgaben erheblichen Mehraufwand zu vermeiden.

Ein Fall für Serverless

Bei der Entwicklung der Cloud ging es in den letzten 20 Jahren vor allem darum, die Benutzerfreundlichkeit zu steigern, so dass Unternehmen sich auf ihr Wachstum und mehrwertschaffende Aktivitäten konzentrieren können. Wir können also von einem Übergang des Bare-Metal-Zeitalters zum Serverless-Zeitalter, also vom “alles selbst machen” hin zu “(fast) alles vom Cloud-Anbieter machen lassen”, sprechen. Ein treffender und häufig verwendeter Vergleich, der die verschiedenen Stufen dieser Entwicklung aufzeigt, ist der Unterschied zwischen “eine Pizza zu Hause zubereiten und essen” und “eine Pizza in einem Restaurant bestellen und dort essen” (bzw. die verschiedenen Zwischenstufen).

Diese Entwicklung kommt mit Serverless zu ihrem logischen Ergebnis, da die Serverwartung für die überwiegende Mehrheit der Unternehmen kaum mehr als eine notwendige Ausgabe ist – also der Preis, den man nunmal für eine digitale Präsenz zahlen muss. Sie brauchen vielleicht Server, Datenbanken, Sicherheit und Datenschutz, aber das ist nicht unbedingt das, womit sie ihren Umsatz erzielen.

Tatsächlich besteht ein Großteil der Serververwaltung aus sich wiederholenden Aufgaben und hat daher ein hohes Automatisierungspotenzial.

Ein beispielhafter Anwendungsfall für Serverless ist ein Online-Marktplatz. Online-Marktplätze sind von der Infrastruktur her gesehen alle ähnlich – sie haben eine Frontend-Website, eine auf einigen Servern laufende API, einige ETL-Tools, eine Datenbank und ein Data Warehouse. Die Auslastung variiert durchgehend, weshalb die nahezu gesamte Infrastruktur hoch- bzw. herunterskaliert werden muss. Serverless Computing und Serverless Storage bedeuten, dass der jeweilige Cloud-Anbieter alles für die Unternehmen verwaltet, natürlich mit Ausnahme der Geschäftslogik, die einen Online-Marktplatz einzigartig macht.

Letztendlich werden die zunehmende Automatisierung, die Nutzung gemeinsam genutzter Ressourcen und der geringere Bedarf an internen IT-Fachleuten dazu führen, dass die operativen Kosten für Unternehmen sinken, was wahrscheinlich die treibende Kraft hinter der weit verbreiteten Einführung von Serverless sein wird.

Bare Metal wird nicht zum Auslaufmodell

Bare Metal ist, soweit es um einen unternehmenseigenen Serverraum im Keller geht, ein Auslaufmodell. Das ist schon seit über einem Jahrzehnt so, seitdem die Cloud die Verwaltung, die Kosten und den Aufwand für die Wartung eigener Server vor Ort obsolet gemacht hat. Die Kosten für den Betrieb von Bare Metal sind nicht nur wegen der notwendigen dedizierten Infrastruktur höher, sondern auch wegen der Bezahlung der für deren Konfiguration und Betrieb erforderlichen Mitarbeiter.

Allerdings geht es nicht immer nur um die Kosten. Es gibt zwei weitere grundlegende Faktoren – Datenschutz und Leistung – die die Relevanz von Bare Metal auch im Zeitalter von Cloud-VMs, Datenbanken und Serverless aufrechterhalten.

Datenschutz: Wem vertrauen Sie Ihre Daten an?

Bei der Nutzung der Cloud vertrauen Sie voll und ganz darauf, dass Ihr Cloud-Anbieter Ihre Daten schützt. Das ist ein Vertrauensvorschuss, den manche nur schwer und den andere aufgrund ihrer hoch sensiblen Daten gar nicht aufbringen können. Was zum Beispiel ganz sicher niemals passieren wird, ist, dass Area 51 seine Infrastruktur zu einem Public-Cloud-Anbieter migriert.

Datenschutz ist aber nicht nur für Regierungseinrichtungen, die für Verteidigung und innere Sicherheit zuständig sind, von Bedeutung. Die zunehmende Diskussion über Datenhoheit und die Sorge darüber, wer tatsächlich die Zuständigkeit für die in den Rechenzentren gehosteten Daten hat, veranlasst Unternehmen, insbesondere solche, die mit sensiblen Informationen arbeiten, dazu, sorgfältig abzuwägen, wo sie diese hosten wollen. Vor diesem Hintergrund wird sich zunehmend und bevorzugt für europäische Cloud-Anbieter, die strengen Datenschutzbestimmungen unterliegen, entschieden. Dennoch werden sich viele nach wie vor für die vermeintliche Sicherheit eines eigenen physischen Serverraums entscheiden.

Eine andere, weniger verbreitete, aber dennoch vorhandene Rolle spielt die physische Präsenz. Vor allem die ältere Generation legt großen Wert darauf, dass sie den Ort, an dem sich ihre Daten befinden, physisch lokalisieren kann, und die Tatsache, dass sie “irgendwo in der Cloud” gespeichert sind, ist für sie eine bittere Pille, die es zu schlucken gilt. Dies mag für die neue cloud-native Generation, für die die Cloud ein selbstverständlicher Teil des modernen Lebens ist, etwas merkwürdig erscheinen, aber es ist tatsächlich eine zentrale Hürde für alle cloud-basierten Dienste, einschließlich Serverless.

Wenn Unternehmen und Organisationen zunehmend die Kontrolle über ihre Daten und Infrastruktur zugunsten von Komfort und Kosteneffizienz aufgeben, dann ist Vertrauen von größter Bedeutung. Dementsprechend hängt die Akzeptanz von cloud-basierten Diensten von der Fähigkeit der Anbieter, Bedenken zu zerstreuen, eine tadellose Erfolgsbilanz aufrechtzuerhalten und das Vertrauen in ihre Dienste zu fördern, ab.

Leistung: der Vorteil von Bare Metal

Neben Datenschutz ist Leistung ein weiterer Grund, warum Bare Metal noch jahrzehntelang im Einsatz sein wird. Die Cloud-Computing-Kapazitäten mögen zwar sprunghaft ansteigen, aber auch die Nachfrage nach immer leistungsfähigeren Computern – eine Nachfrage, die in erster Linie durch dedizierte Bare-Metal-Server bedient wird.

Ein typischer Anwendungsfall für Bare Metal sind Forschungseinrichtungen, die Technologien entwickeln, die die Durchführung von Simulationen mit enormer Datenparallelität und großen Datenmengen erfordern. Die Mitarbeiter in diesen Einrichtungen benötigen dedizierte Servercluster, um ihren Code in großem Maßstab auszuführen und Daten im Terabyte-Maßstab zu übertragen und zu verarbeiten. Diese Daten müssen zwischen Bare-Metal-Servern auf einer dedizierten Netzwerkinfrastruktur ausgetauscht und in dedizierten Datenbanken mit zuverlässiger Leistung gespeichert werden. Dank der gesteigerten Leistung können diese Unternehmen schneller agieren sowie Produkte schneller und mit einer höheren Planungssicherheit entwickeln.

Die geringfügigen Verbesserungen, die dedizierte Computing-Cluster bieten, haben ihren Preis, den manche jedoch zu tragen bereit sind, um einen Vorteil und eine gewisse Garantie für Zuverlässigkeit zu erhalten. Die Nachfrage nach solchen Servern wird zwar nicht abnehmen, aber sie ist für ressourcenintensive, leistungsintensive Anwendungsfälle vorgesehen. Die überwältigende Mehrheit des weltweiten Bedarfs wird – aktuell und auch in Zukunft – bereits durch einfachere, preiswertere Cloud-Dienste gedeckt.

Fazit

Serverless ist eine neue Entwicklung und der nächste logische Schritt im Bereich des Cloud Computing, mit dem die Cloud einfacher und zugänglicher wird als je zuvor. Wird Bare Metal dadurch überflüssig? Nein – und zwar aus denselben Gründen, aus denen die Vorläufer des Cloud Computing nicht überflüssig wurden. Durch die unterschiedlichen Zielgruppen bleiben sie beide relevant.

Dennoch stellt die Weiterentwicklung von Serverless wahrscheinlich einen entscheidenden Wandel für Verbraucher und Unternehmen aller Größenordnungen dar, durch den bisher verschlossene Türen geöffnet werden und weltweit eine neue Ära mit Blick auf die Servernutzung eingeläutet wird.

Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass Serverless die Welt auf einen Schlag erobern wird. Diese Entwicklung wird schrittweise erfolgen, da immer höhere Abstraktionsstufen erreicht werden. Auf dem Weg dorthin wird man sich mit Fragen des Datenschutzes und des Vertrauens auseinandersetzen und bewährte Verfahren infrage stellen müssen.

Mit Blick auf die vermehrte Anwendung, größere Attraktivität und immer komplexer werdenden Anwendungsfälle werden die 2020er-Jahre mit Sicherheit zum Jahrzehnt des Serverless – was auch immer geschieht.

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